1923 war ein historisches Jahr für den
polnischen und deutschen Fußball. Zum ersten mal reiste eine polnische Auswahl in das Ausland. Es war
zwar nur nach Schneidemühl, aber am Anfang steht immer der erste Schritt.
Spiele gegen ausländische Mannschaften waren zu dieser Zeit noch nicht so
alltäglich. Sicherlich sind diese beiden Städte grenznah und nur ca. 90
km auseinander, aber es
war eben ein internationaler Vergleich, historisch gesehen wertvoll.
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Die Beiden Mannschaften aus dem
Hinspiel in Schneidemühl
Viktoria in den weißen Trikots von links nach rechts : August Priebe, Otto Ostrowski, Max Krüger, Willi Kopitzke, Ernst Maschke, Untere Reihe von l.n.r
: Leo Hasenbein, Rudolf Eggert, Helmut Eggert, Otto Bade, Paul Dumke,
vorne sitzt Torwart Kurt Eggert |
Bis
1945 war Schneidemühl, das heutige Pila, unter deutscher Verwaltung.
In Schneidemühl gab es 1923 zwei starke Fußballvereine, diese waren Viktoria und
Hertha.
Germania und Erika spielten noch nicht eine so große Rolle.
Die polnische Mannschaft von Polonia Bromberg, dem heutigen Bydgoszcz, hatte sich für
Viktoria als Gegner entschieden und bat um ein Freundschaftsspiel.
Dieses wurde für den 20. Mai 1923, einem Sonntag, vereinbart.
Bromberg ist die Hauptstadt der Woiwodschaft Kujawien - Pommern in Polen - an der
Weichsel, etwa 100 km nordöstlich der Stadt Posen und etwa 140 km südlich von Danzig
gelegen.
Es wurde ein historischer Moment, nicht nur für die polnische
Auswahl.
Polonia reiste schon eine Tag früher,
am Samstag an. Es
wurde ein Fest für die Spieler.
Empfangen wurde die Mannschaft von vielen Bürgern aus Schneidemühl. Unter ihnen war auch
der polnische Botschafter, der Bürgermeister von Schneidemühl sowie die gesamte
Mannschaft des FC Viktoria.
Am nächsten Tag, kurz vor dem historischen Ereignis,
trafen sich beide Mannschaften und gingen in die Kirche von Schneidemühl zu einem
gemeinsamen Gottesdienst. Viele Bürger aus der Stadt waren auch dabei. Diese sind dann
nach der Veranstaltung direkt in das Stadion am Stöwener Weg (?) gewandert.
Sonntag, 20. Mai 1923
FC
Viktoria Schneidemühl vs. Polonia Bromberg
2 : 1
Laut alten Unterlagen war
es ein gutes Spiel. Auch die Zuschauerzahl war eine der höchsten in den letzten Jahren in
Schneidemühl.
Viktoria war seit 3 Jahren in ihrer Liga im Bezirk Grenzmark/Schneidemühl
ungeschlagen. Deswegen war die Zuversicht im Team sehr groß, auch dieses Spiel zu
gewinnen.
Viktoria Schneidemühl erzielte in der ersten Halbzeit zwei Tore. Torschützen waren Max
Krüger und August Priebe (lt.Opa).
In der zweiten Hälfte wurden die Polen stärker und berannten das Schneidemühler Tor.
18 Minuten nach dem Wideranpfiff gelang der Mannschaft von Polonia der Anschlusstreffer zum
1:2.
Trotz vieler Möglichkeiten, gelang es Bromberg nicht, in den restlichen Minuten den
Ausgleich zu erzielen.
Endstand, unter großem Jubel der Zuschauer, war 2:1 für Viktoria Schneidemühl.
Nach dem Spiel gab es nochmals ein Treffen zwischen
den Beiden Mannschaften. Es wurde gemeinsam gegessen und getrunken.
Kurze Zeit später reiste die
polnische Auswahl wieder ab, ohne jedoch nicht zu vergessen einen Termin für ein Rückspiel in
Bromberg abzumachen.
Sonntag, 14.
Oktober 1923
Polonia Bromberg vs. FC Viktoria Schneidemühl
0 : 1
Das Rückspiel wurde im
Oktober
ausgetragen.
Die Mannschaft von Schneidemühl reiste mit dem Zug nach Bromberg. Auch hier war
der Empfang sehr freundlich.
Die Auswahl von Bromberg wollte dieses Spiel unbedingt gewinnen, aber wieder
reichte es nicht zu einem Sieg.
FC Viktoria zeigte erneut seine Spielstärke und gewann mit 1:0
Das Siegtor erzielte entweder Max Krüger oder Otto Ostrowski (lt.Opa)
|
Die Beiden Mannschaften aus dem
Rückspiel in Bromberg. Viktoria in den weißen Trikots von links nach rechts: Max Krüger, ??, Paul Dumke, ??, Rudolf Eggert,
Untere Reihe von l.n.r: August Priebe,
??, ??, Willi Kopitzke, Vorne sitzen Torwart Kurt Eggert und Otto Ostrowski, |
Das diese
Fotos bis heute, fast 100 Jahre später, noch erhalten sind, ist
sensationell. Gerade weil es die ersten Begegnungen dieser Mannschaften
waren, Teams die sich unter viel Aufwand und Fleiß, aber mit einer menge
Entbehrungen zu den Spielen aufmachten.
In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu
den großen Duellen dieser beiden Mannschaften.
Nach 1923 dauerte es vorerst 5 Jahre bis die Viktoria wieder nach Bromberg
reiste und dort innerhalb von zwei Tagen zwei Spiele austrug. Damals war das
üblich um Zeit zu sparen da sich die Spieler von ihrer Arbeit frei nehmen
mussten.
Sonntags, an dem Tag wenn man in die Kirche geht, wurde oftmals nicht gespielt.
An
den kühlen Tagen im April 1928,
es könnte Ostern gewesen sein, schaffte die Viktoria zweimal ein
Unentschieden in
Bromberg. Im ertsen Spiel gelang der Viktoria ein 2:2 - Halbzeit 1:1. Einen
Tag später endete die Partie erneut 2:2. Hier hatten die Schneidemühler zur
Pause 2:1 geführt.
Bahnhof Schneidemühl
Bahnhof Bromberg
Die
Mannschaften reisten zu den Spielen immer mit der Bahn an. Man traf sich am
Bahnhof, die Spieler aus Schneidemühl natürlich an ihrem und dann reisten
sie zusammen nach Bromberg.
Der Bahnhof von Bydgoszcz wurde ursprünglich am 27. Juli 1851 der Eröffnung
der preußischen Ostbahn aus Schneidemühl (Piła) in Betrieb genommen. Er galt
als einer der größten Bahnhöfe Polens.
Ganze
6 Jahre später, 1934, wieder im April, musste die Viktoria aus Schneidemühl zwei sehr
empfindliche Niederlagen einstecken. Das Trikot war jetzt über der Brust mit
einem roten Querstreifen versehen sowie einem V auf weißem Grund.
Am
01.April 1934 erschienen über 5.000 Zuschauer, einen Tag später waren es noch mal
4.000.
Diese Zeit war schon stark vom Nationalsozialismus geprägt und im Stadion
hingen die ersten Hakenkreuz Fahnen.
Leider wurden der Sport
und die Politik nicht mehr getrennt. Die Spiele der Viktoria in Bromberg hatten
für beide Seiten politische Hintergründe. Hitler Deutschland wollte den
Geist der Deutschen in Bromberg steigern und durch Sport eine Abschottung
seiner Bürger verhindern. Das Team von Polonia sollte die polnische
Identität pflegen, gerade in den Städten wie Schneidemühl oder dem
grenznahen Flatow.
Polonia Bromberg
vs.
FC
Viktoria Schneidemühl
5 : 1 (3:1)
|
1934 im April.
Die Beiden Mannschaften vor dem Spiel in Bromberg (Bydgoszcz)
Für Viktoria in den weißen Trikots spielte : Henne Katz, Johannes
Kowalski, Paul Dumke,
Richard Felsch, Adolf und Kurt Kopitzke, Hermann Labsch, Jochen Kachur,
Leo Lüdtke,
Otto Blum, Albert Kowalski und Karl Wünsche. Das Spiel fand vor über
4.000 Zuschauer statt. |
Da die
Zuschauerbeteiligung in den vergangenen Partien der rot weißen nicht gerade
sehr hoch war, versuchte die örtliche Presse einen außergewöhnlichen Trick,
der auch gelang.
In der Stadtzeitung wurde berichtet, dass cirka
2.000 deutsche Fans anreisen werden und sich Propagandaminister Goebbels
angekündigt hatte. Hinzu sollte der FC Viktoria mit deutschen
Nationalspielern verstärkt werden. Nicht genug, das Berliner SS Orchester,
so die Ankündigung, würde im Stadion von Bydgoszcz die deutsche
Nationalhymne spielen.
Nichts davon entsprach der Wahrheit aber der
Bluff gelang. Diese Nachricht hat die Menschen in Bromberg elektrisiert und
zu beiden Treffen kamen viele Zuschauer um natürlich die polnische Auswahl
zu unterstützen.
Junge
Menschen aus Bromberg – Bydgoszcz gaben Anzeigen in der Zeitung auf, dass
die Menschen zu den Spielen gehen sollen. Man wollte es sich nicht gefallen
lassen das die deutsche Mannschaft mehr Fans im Stadion hatte als die Weiß
Roten von Polonia.
Jede Straße, jedes Haus in der Innenstadt, die Stadtteile Szwederowa,
Londynku, Bielawek und andere, schickten eine eigene Delegation Fans zu den
Spielen. Sogar die Schulen kamen mit ihren Klassen um eine große
Unterstützung für ihren Verein zu stellen.
Rund 5.000 meist junge Menschen mit weiß-roten
Fahnen, erschienen an diesem April Nachmittag.
Eine solche Atmosphäre gab es noch nie
unter den Einwohnern. Etwas erfreulich war, dass die Farben der Viktoria ja
auch weiß rot waren. Allerdings war die deutsche Delegation dagegen nur
bescheiden. Die polnische Nationalhymne,
Dabrowski Mazurka, erklang an diesem Tag sehr feierlich und dem Jubel der
vielen Zuschauer.
Bei der Deutschen Hymne erhoben die Spieler vom
FC Viktoria Schneidemühl ihren rechten Arm zum Hitler Gruß. Vor dem Spiel
gab es die üblichen Ehrungen, Begrüßungen und Danksagungen. Meistens waren
politische Vertreter, wie der Bürgermeister, mit vor Ort und auf dem Feld.
Trotzdem
waren diese Spiele fair und wurden mit Würde ausgetragen. Die Mannschaften
wurden mit außergewöhnlichem Beifall unterstützt, welches besonders auf
Bromberg große Wirkung zeigte. Sie spielten zwei sensationelle Spiele gegen
Schneidemühl.
Polonia Bromberg
vs.
FC
Viktoria Schneidemühl
4 : 1 (2:1)
Paul Dumke, der in beiden Spielen dabei war, ist
noch immer einer aus der Gründungszeit von 1915. Es ist anzunehmen das er
der Dienstälteste Schneidemühler Spieler war.
Heute
würde man ihn als Rekordspieler mit den meiste Einsätzen bezeichnen. Aber
hierüber gibt es keine genauen Zahlen.
Leider musste dieser verdienstvolle
Spieler sein Leben im Krieg lassen.
Aus
diesem aufeinandertreffen der beiden Teams gibt es sogar ein sehr seltenes Spielfoto.
Hier stemmen sich die Verteidiger der Viktoria gegen die starken Angreifer
der Mannschaft von Polonia.
Im Hintergrund ist die große Tribüne gut zu
erkennen mit den zahlreich erschienenen Zuschauern.
Das
die Viktoria in diesen Spielen in Bromberg so unter ging ist rätselhaft. Zu
dieser Zeit war FC V Schneidemühl zwar nicht mehr so stark wie einige Jahre
zuvor, aber immer noch ein gefürchteter Gegner in seiner Region. Die Polonia
spielt schon eine Klasse besser.
Die polnische Zeitung Sportowy berichtete auf
der ersten Seite ausführlich über dieses Städteduell.
Leider bauten sich auch schon Aggressionen gegenüber den Ländern auf, die
Spieler hier brachten aber alles freundschaftlich zu ende.
Zu dieser Zeit konnte noch niemand erahnen, welch Schrecklicher
Zeitabschnitt den Menschen auf beiden Seiten drohte.
Schon einen Monat später, im Mai
1934, reisten
die Spieler von Polonia Bromberg zu einem Gegenbesuch nach Schneidemühl. Für
die Viktoria gingen auch dies Begegnungen verloren.
Knapp war dabei das zweite Match, welches mit 1:2 für Polonia ausging.
Die Zuschauer hatten trotzdem ihre Freude.
Von diesen Begegnungen gibt es
bisher leider keine auffindbaren Einzelheiten.
1935 trafen sich die Mannschaften noch einmal zu einem Hin und Rückspiel. Im
April erreichte Die Viktoria in Bromberg ein beachtliches 0:0, trotz
Überlegenheit von Polonia.
Die Mannschaft von Bromberg reiste per Bahn schon im sommerlichen Juni zu
einem Gegenbesuch in Schneidemühl an. Hier trennten sich die Teams mit 1:1
freundschaftlich.
Keiner der beiden Fußballclubs wusste zu diesem Zeitpunkt,
dass es nie wieder zu einem freundschaftlichem Duell dieser zwei Vereine kommen
würde.
Der fürchterliche Krieg, in dem viele Spieler ihr Leben verloren, beendete
auch diese Tradition.
Deswegen ist es wichtig diese unwiederbringlichen Geschichten am Leben zu
erhalten.
Folgend eine Liste aller
stattgefundenen Spiele der beiden Mannschaften. Es wäre interessant heraus
zu finden, ob andere Schneidemühler Vereine gegen Bromberg gespielt haben.
Schneidemühl gegen Bromberg - die großen Duelle |
20 Mai - 1923 |
Viktoria
Schneidemühl vs. Polonia Bromberg |
2 : 1 |
14 Oktober -1923 |
Polonia
Bromberg vs. Viktoria
Schneidemühl |
0 : 1 |
08 April -1928 |
Polonia
Bromberg vs. Viktoria
Schneidemühl |
2 : 2 |
09 April -1928 |
Polonia
Bromberg vs. Viktoria
Schneidemühl |
2 : 2 |
01 April -1934 |
Polonia
Bromberg vs. Viktoria
Schneidemühl |
5 : 1 |
02 April -1934 |
Polonia
Bromberg vs. Viktoria
Schneidemühl |
4 : 1 |
19 Mai -1934 |
Viktoria
Schneidemühl vs. Polonia Bromberg |
0 : 3 |
20 Mai -1934 |
Viktoria
Schneidemühl vs. Polonia Bromberg |
1 : 2 |
23 April -1935 |
Polonia
Bromberg vs. Viktoria
Schneidemühl |
0 : 0 |
09 Juni -1935 |
Viktoria
Schneidemühl vs. Polonia Bromberg |
1 : 1 |
10 Spiele - 2 Siege Schneidemühl
4 Unentschieden 4 Siege Bromberg
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Informationen auf dieser Seite Danke ich besonders Slawek aus Bydgoszcz und
Roman aus Pila.
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