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Schneidemühl Besuch vom 14. bis 17. Mai 2015
1915 - 2015 100 Jahre FC.Viktoria Schneidemühl

 

Ein Besuch in Schneidemühl war lange Zeit geplant. Was passte besser als das 100 jährige Jubiläum zur Gründung des Vereins. Am 14. Mai 2015 machte ich mich mit meinem Vater Dieter, dem Sohn des Mittelstürmers der Viktoria Max Krüger, auf den Weg nach Schneidemühl.

Schneidemühl ist eine schöne, ruhige Stadt mit viel freier Fläche und keinem richtigen Stadtkern oder einer Altstadt. Anhand alter Bilder lässt sich erkennen, welche Schönheit und Zauber diese Gegend einst besaß. Leider wurde alles im Krieg zerstört.

Unser erster Besuch galt dem Danziger Platz, dort wo sich einst der Pferdemarkt befand. In dem alten Regierungsgebäude ist jetzt, unter anderem, die Polizeischule angesiedelt.
Hier führte auch der Fußball Club Viktoria seine ersten Spiele aus gegen die Gegner aus der Stadt oder näherer Umgebung.

Gedanklich haben wir uns in die Zeit vor hundert Jahren zurückversetzt, als hier die jungen Spieler verschiedener Vereine gegeneinander spielten.

Die Zurufe „spiel den Ball ab“ oder „pass hier rüber“, der ständig aufwirbelnde Sand, der den Zuschauern teilweise die Sicht auf das Feld nahm, ist noch mit viel Fantasie spürbar.
Ich konnte sie bildlich sehen, als wenn ich mitten auf dem Platz stand. Meinen Großvater Max Krüger mit seinen Kameraden wie Paul Dumke, Kurtchen Goal oder Ernst Maschke in ihren weißen Trikots mit den schlecht sitzenden Hosen. Es wurde immer Sonntags gespielt, wahrscheinlich gleich nach dem Kirchgang.
Auf den alten Fotos ist oft der Schlachthof mit seinen Schornsteinen im Hintergrund zu sehen sowie die vier großen Bäume. Der Pferdemarkt lag mit seiner Fläche wahrscheinlich quer auf dem Grundstück, genau dort wo jetzt das Gebäude steht.

Die Schneidemühler Vereine bildeten sich aus den einzelnen Stadtbezirken. Mein Großvater, und viele der Viktoria Spieler, kamen aus der Ecke wo die Gartenstraße verläuft. Hier gibt es noch einige sehr alt, verfallene Häuser. Das Wohnhaus meines Urgroßvaters, Tischler Franz Krüger Gartenstraße 13, gibt es nicht mehr.
Trotzdem, beim Durchforsten der Hintergärten an dem kleinen Bach der zur Walkmühle führt, vernahm man die Eindrücke die Vergangenheit. Vieles ist hier zeitlich stehen geblieben.

Schmiedestraße in SchneidemühlDer 15.Mai 1915 war der Tag, an dem der Club Viktoria gegründet wurde. Die offizielle Eintragung in das Vereinsregister klappe erst 1916, da die Spieler noch zu jung waren. Wir haben versucht den Ort zu finden, wo seinerzeit die Gaststätte Winkler war.

Die Schmiedestraße gibt es nicht mehr, auch die gesamten Gebäudekomplexe nicht. Hier ist viel unbebautes Land. Genau an dem Tag, vielleicht zur gleichen Uhrzeit, nur exakt hundert Jahre später standen wir da und dachten an die Vergangenheit.

Wir waren die Einzigen, natürlich. Nicht nur in Schneidemühl, bestimmt sogar auf der ganzen Welt. Hätten wir jetzt in die Vergangenheit sehen können, wäre uns wahrscheinlich eine junge Horde Burschen, jubelnd und voller Euphorie, entgegen gekommen.

Hertha PlatzDa lag es vor uns, das alte Hertha Stadion. Es war ein aufregendes Gefühl als wir das Stadion betraten. Es wird hier immer noch Fußball gespielt, oder wieder.
Lange nach dem Krieg passierte hier gar nichts. Auf der Wiese stand Weidevieh. Damals, als die blau weiß gestreifte Hertha hier noch auflief, war der Ort gut besucht.

Großvater hat auf diesem Platz auch gespielt. Hier sind auch schon große Vereine angetreten, da Hertha ja auch um die Deutsche Meisterschaft gespielt hat.

Wir nahmen eine Weile auf den alten, morschen Sitzbänken platz. Es muss auch eine schöne Zeit gewesen sein.

Auf der anderen Seite der Küdow, Richtung Bromberger Vorstadt an der Selgenauer Straße, liegt immer noch das bejahrte Stadion von Erika Schneidemühl. Es ist für sein Alter noch in einem recht guten Zustand. Für Ballspiele wird es selten genutzt. Es wurde umgebaut für Speedway Rennen, eine in Polen äußerst beliebte Sportart. Die Erinnerung an die alten Vereine ist völlig ausgelöscht. Es gibt keine Zeichen oder Bilder in den Vereinsheimen aus der damaligen Zeit.

Furchtbar wenn man hier im Ort war und von außen die Granaten und Raketen reinflogen die alles Schöne zerstörten. Schneidemühl wurde zu 75% zerbombt, die Innenstadt sogar zu 90%. Es gibt noch ein paar alte Gebäude, verfallen. Das Geld fehlt um diese zu erhalten. Aber es ändert sich langsam. Die Stadt besinnt sich ihrer Vergangenheit und bei einigen Häusern versucht man den Glanz vergangener Tage wieder hervorzurufen.

Mein Vater, der Einzige der bei der 50 und 100 Jahr Feier dabei war auf dem Erika PlatzDie Schneidemühler Vereine gibt es lange nicht mehr, länger als sie an Jahren Bestand hatten. Es wird sie auch nie wieder geben. Pila, so heißt Schneidemühl, hat einen Speedway Verein, der sich Victoria Pila nennt. Man hat den falschen Eindruck, dass der Name als Erinnerung für den alten Fußball Club seht. Die Rennen werden in dem umgebauten Erika Stadion ausgetragen.

Vier Tage verbrachten wir in der Geburtsstadt meines Großvaters, dem Vater meines Vaters. Gedanklich gingen hier drei Generationen durch die Straßen, Großvater Max immer dabei.

Wie gerne hätte er seine Heimat noch einmal wiedergesehen. Sein letzter Besuch war vor dem Ende des Krieges. Aber ich denke, er wäre maßlos enttäuscht. Die Stadt hat nichts mehr von dem Glanz alter Tage. Aber, Heimat bleibt Heimat und viele kleine Dinge, die er wieder erkannt hätte, hätten ihn schon eine Freude bereitet.

Ich erinnere mich noch genau, wenn er damals auf seinem Sofa in Hannover saß und von Schneidemühl schwärmte. Von der Badeanstalt, wo er als Kind immer spielte, von der tollen Küdow, dem Fluss der die Stadt durchschlängelt, von den Abenteuern die er erlebte wenn die Jungs zu den Albatros Werken gingen und die Flieger beobachteten.

1915-2015 die Meisternadel des FC Viktoria Schneidemühl ist zurück auf dem
Pferdemarkt und steckt im Heimatboden

Zu dem Flugplatz vor der Stadt gingen wir auch. Mein Freund, der aus Pila kommt, hatte mir mitgeteilt, dass es dort zu Pfingsten eine Flugschau gibt. Die alten Werkshallen der Albatros Werke, die weltberühmte Fliegerfabrik, waren noch vorhanden. Grandios. Die alte Start und Landebahn ist auch noch vorhanden. Hier waren damals die kleinen Kinder zum spielen und träumen in die Fußstapfen eines großen Fliegers zu treten.
Die Betriebsmannschaften der Albatroswerke, Möve, und die FEA hatte zu der damaligen Zeit auch sehr starke Fußballmannschaften.

TV Studio im HotelEine örtliche Zeitung machte mit uns ein Interview zu unserer Story. Am letzten Tag kam sogar das Fernsehen. Im Hotel, unter großer Beachtung der Bewohner, wurde ein kleines Studio aufgebaut und ich erzählte die Geschichte von meinem Großvater und des FC Viktoria Schneidemühl.

Er wäre sehr stolz gewesen. Schon ergreifend das man 100 Jahre nach einem Ereignis wieder so viel Beachtung findet. Wenn das damals die Gründer Jungs in der Gaststätte Winkler geahnt hätten?

An die alten Clubs und ihre Geschichte erinnert in der Stadt nichts mehr. Es gibt einige Restaurants, wo zeitgenössische Fotos hängen. Museen tragen Relikte aus den Jahren vor dem Krieg zusammen und es machen sich einige junge Menschen aus dem Ort auf, Fotos aus der Vergangenheit zu suchen.
Es tut sich etwas, aber so wie es mal war, wird es nicht wieder werden. Aber wer will das auch schon?

Mit sehr vielen positiven Eindrücken reisten wir am Sonntag wieder ab. Es ging über das Land, eine Gegend mit viele Seen und riesige Waldflächen. Über Deutsch Krone bis Stettin, dann nach Berlin und Hannover. Leider fehlte uns die Zeit länger in den anderen Orten zu verweilen.

Polen, ein so naheliegendes Reiseland mit vielen Sehenswürdigkeiten. Es soll nicht unser letzter Besuch gewesen sein.

Der originale alte Schriftzug am Bahnhof wurde bei unserem Besuch gerade zugebaut. Er bleibt hinter der Wand erhalten, ist aber nicht mehr sichtbar. Wir waren froh ihn noch gesehen zu haben.

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